Der “Fliegenhecht” aus dem Großensee

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Der “Fliegenhecht” aus dem Großensee

Der “Fliegenhecht” aus dem Großensee

23. Februar 2011

Großensee, erster Mai 2009.
Sitzend im Boot lege ich meine Fliegenschnur immer wieder aus, meist in Richtung Ufer, und strippe sie langsam wieder ein. Der Wind treibt das Boot leicht schräg zum Ufer, so dass ich nach mehreren Metern einige Ruderschläge machen muss, um wieder Abstand zum Ufer zu bekommen.
Gleich zu Beginn hatte ich ein kurzes Techtelmechtel mit einem kleinen Hecht, aber seitdem war Ruhe.
Ich war an diesem Morgen für meine Verhältnisse recht früh auf den Beinen. Aber als ich ankam am Großensee war jedoch schnell zu erkennen, dass ich wohl einer der Letzten an diesem Tag sein würde, der ein Boot auf den See hinaus bringt.

Das Fischen mit Fliegenrute und großen Streamerfliegen auf Hecht habe ich seit einigen Jahren als äußerst spannende und erlebnisreiche Fischerei für mich entdeckt.
Besonders zu Anfang der Saison kann man beobachten, wie der Streamer von den Hechten häufig an der Oberfläche auf spektakuläre Art attackiert wird. Bei dieser Fischerei können auch schwimmende Fliegen (Mäuse o. ä.) eingesetzt werden. Für das Werfen solcher voluminöser Fliegen ist eine kräftige Rute für etwa Schnurklasse 10 geeignet. Entsprechend muss ein Schusskopf in Klasse 9 oder 10 mit Runningline und einer geeigneten Rolle verwendet werden. Mit einer solchen Zusammenstellung lassen sich auf der Wiese, auch mit großvolumigen Streamern, gute Wurfweiten erzielen.
Am See, wenn man nahe der Wasseroberfläche wirft und der Streamer nass und schwer ist, kann man erleben, dass die Schnur (Schusskopf) weiter fliegt als der Streamer und das Vorfach daher in einem Bogen abzulegen ist. Aber das alles kann der Fliegenfischer auf Hecht ganz gelassen nehmen, denn die Erfahrung zeigt, dass besonders weite Würfe nicht erforderlich sind.

An diesem Morgen lässt sich der Wind geschickt zur Wurfunterstützung nutzen.
In der Hechtbucht, wo das Wasser etwa 2 m tief ist und im Sommer die Unterwasserflora üppig wird, fischt ein Vereinskollege vom verankerten Boot aus und ich mache einen großen Bogen um ihn herum.
Entlang dem anschließenden Ostufer, wo zu anderen Zeiten auch mit Hechten zu rechnen war, tut sich heute nichts.
Die Fliegenfischerei, auch auf Hecht, ist für mich eine Methode zur Befischung der oberen Wasserschichten. Wenn die Hechte wirklich tief stehen, sind sie für mich nicht zu erreichen, weil ich auf eine übermäßige Beschwerung grundsätzlich verzichte.
Ich binde meine großen Hechtfliegen selbst und habe dabei durch verschiedene Experimente praktische Lösungen gefunden. So kann man günstig den gesamten Streamer auf ein Stahlvorfach binden um dann am Wasser nur noch Vorfach mit Fliege anzubinden.
Zur Gewichtsreduzierung der 15 bis 20 cm langen Streamer kann man diese auf eine Geflechtröhre binden und dann nur kurzschenklige Drillings- oder Einfachhaken verwenden. Als fängig erweisen sich immer jede Menge Flitter- und Glitzerzeug.
Um dem Raubfisch über sein Seitenlinienorgan zu signalisieren, dass dort ein lohnender Happen im Wasser ist, binde ich auch eine dichte Fellsektion aus Tierhaaren ein. Das Werfen solcher „Fliegen“ mit einer Einhandrute Klasse 10 unterscheidet sich stark von der leichten Fischerei auf Forellen und Äschen am Heidebach.
Der Wurfarm wird nicht nur durchs Rudern schwer. Inzwischen ist es schon weit Vormittag und ich manövriere mich erneut zum Ausgangspunkt, um eine zweite Drift entlang des Ufers vorzunehmen.
Der Kollege in der Hechtbucht ist inzwischen nicht mehr da, so dass ich mich hineintreiben lasse, um ein paar Würfe zu machen.
Plötzlich ist da dieser ärgerliche Hänger, den man in dem flachen Wasser leicht riskiert. Erst nachdem der Hänger Eigendynamik entwickelt, muss ich diesen Irrtum korrigieren. Nach dem ersten Blick auf den Fisch und der ersten kraftvollen Flucht kann ich konstatieren:
Das war ein wenig spektakulärer Biss eines spektakulär großen Hechtes.
Jetzt bloß nichts falsch machen. Der Wind droht das Boot in die Büsche am Ufer zu treiben. Ich befürchte, dass ich dort nicht genug Bewegungsraum habe und versuche das Boot mit einer Hand an einem Riemen vom Ufer weg zudrücken. Solange der Hecht weit genug vom Boot ist und ich die Rute hoch halten kann, ist die Rotation des Bootes unschädlich. Ich will diesen Hecht unbedingt haben, schon um den häufig gehörten Vorwurf zu entkräften, dass mit der Fliegenfischerei auf Hecht nur kleine Hechte gefangen werden.
Meinen Kescher kann ich vergessen, der ist zu klein. Petrus möge mir verzeihen, dass ich dieses kleine Taschengaff irgendwo in der Weste habe. Richtig angewendet, habe ich aber durchaus das Gefühl diesen Fisch auf sportliche Art gelandet zu haben, als er mit mir im Boot ist. Die Hechtdame von 1,18 m Länge hat mit 9,8 kg kurz nach der Laichzeit ein vergleichsweise geringes Gewicht. Erst am Steg und an der Hütte kann ich mich etwas entspannen und die Glückwünsche der anwesenden Kollegen entgegennehmen. Besonders gefreut hat mich, dass dieser Fang einen schon leicht frustrierten Angelkollegen neu motivieren konnte.
Dietmar Trümper

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